Stephan Kircher: Ich züchte Blumen aus Leidenschaft

Stephan Kircher: Ich züchte Blumen aus Leidenschaft
Manchmal treten Kinder in die Fußstapfen ihrer Eltern, aber das ist nicht selbstverständlich. In Stephan Kirchers Leben war es nicht anders. Obwohl sein Vater als Gärtner in verschiedenen Betrieben in Südtirol und Deutschland tätig war und ihn schon als Kind in die Welt der Blumenzucht eingeführt hatte, entdeckte er seine Leidenschaft für diesen Beruf erst mit etwa 20 Jahren.
Herr Kircher, für den Beruf Ihres Vaters haben Sie sich nicht so schnell begeistert – oder?
Als ich klein war, war mein Vater als Züchter bei der Gärtnerei Gadner tätig. Sie befand sich dort, wo heute die Vives steht. Schon damals nahm er mich oft mit. 1979, als ich 12 Jahre alt war, eröffnete er seinen eigenen Betrieb in der Pfarrhofstraße. Mit 15 Jahren schickte er mich in ein Internat in Gruyères in der Schweiz, um Französisch zu lernen, um beim Centre horticole de Lullier in Genf aufgenommen zu werden. Dort absolvierte ich eine dreijährige Berufsausbildung. Ich mochte die Arbeit als Flor natürlich, aber mit 19 war ich mir noch nicht zu 100 Prozent sicher, ob es der richtige Weg für mich war.
Und wann war das für Sie klar?
Als ich nach Bozen zurückkehrte, ließ mich mein Vater sofort im Unternehmen mitarbeiten und gab mir den Freiraum, es weiterzuentwickeln und neue Ideen einzubringen. In diesen Jahren wurde meine Leidenschaft für diesen Beruf geweckt.
Blumen zu züchten dürfte ein erfüllender Beruf sein; man steht in engem Kontakt zur Natur und zu vielen Menschen. Aber es gibt sicher auch größere Herausforderungen, oder?
Die Arbeit mit Pflanzen und in der Natur ist wunderschön, aber viel komplexer, als sie auf den ersten Blick erscheinen mag. Wir sind stark vom Wetter und vom Klima abhängig, das jedes Jahr unterschiedlich ist. Um hochwertige Pflanzen zu produzieren, sind viele Faktoren entscheidend: die Qualität der Jungpflanzen, das Substrat, also die Erde, die Düngung, der Pflanzenschutz mit Nützlingen, der verfügbare Platz, die Klimakontrolle in den Gewächshäusern und die Möglichkeit, die Pflanzen zum richtigen Zeitpunkt zu verkaufen. Auch hier spielt das Wetter eine große Rolle. Aber es ist ein Unterschied, Pflanzen zu züchten, oder ein Unternehmen zu führen. Heutzutage erschweren die überbordende Bürokratie, die Sicherheitsvorschriften, der Fachkräftemangel und die Einschränkungen bei der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln die Arbeit erheblich.
Stimmt es, dass heute mehr Fachwissen erforderlich ist als in der Vergangenheit? Was muss ein Meistergärtner heute wissen?
Unser Beruf ist sehr vielfältig und erfordert umfassende Kenntnisse. Die Vielfalt und Anzahl der Pflanzenarten haben enorm zugenommen. Die Auswahl gut geeigneter Pflanzen für den eigenen Betrieb ist heute viel komplexer als früher. Ein Gärtner muss die Bedürfnisse aller Pflanzen kennen Sie sind oft sehr unterschiedlich. Das gilt für das Licht, die Erde und den Dünger, für die Temperaturen und die Bewässerung beispielsweise. Das Spektrum reicht von Obstbäumen, Gemüse und Zitruspflanzen bis hin zu Zimmerpflanzen und Sukkulenten, zu den Orchideen, zu Gartenpflanzen, Stauden, Rasenflächen und Bäumen. Auch die Hydrokultur möchte ich erwähnen und die Gartenplanung. Zudem muss sich ein Gärtner mit Pflanzenkrankheiten und Schädlingen auskennen, Mangelerscheinungen erkennen und geeignete Maßnahmen mit der richtigen Methode ergreifen. Immer wichtiger werden auch soziale und kommunikative Kompetenzen im Umgang mit Mitarbeitern und Kunden.
Was braucht es, um einen grünen Daumen zu haben?
Es ist wichtig, die Pflanzen und die Natur genau zu beobachten, um sie besser zu verstehen und rechtzeitig einzugreifen. Nur so vermeidet man Probleme. Leidenschaft hilft natürlich sehr – genauso wie gesunder Menschenverstand.
Bild: Stephan Kircher, Courtesy Stephan Kircher.